29 years later

Um 06:00 heißt es wieder mal Anker auf, knapp 50 Seemeilen liegen vor uns. Es ist raumer Wind prognostiziert mit bis zu 11 Knoten. Nach einer Stunde setzen wir den Parasail und schalten die Maschine aus. Limnos soll die nördlichste Insel auf unserer Reise werden. Wie immer auf so langen Strecken gibt es viel zu erleben.

Im Mai 1994 war ich hier auf Diplomreise, damals gab es ein Hotel – das Village Resort Lemnos – und wenig Tourismus. Natürlich musste ich mir vor Ort, ein Bild davon machen.

In Myrina finden wir den letzten freien Liegeplatz im Hafen. Werfen den Anker und legen mit 50 Meter Kette achtern an die Mole. Hier werden wir ein paar Tage verbringen, da für die kommende Woche einige Tage Meltemi vorhergesagt ist.

Es gibt Wasser und Strom, nach dem Motto: „Herz was willst du mehr“, besuchen wir in den Vormittagsstunden, die über der Ortschaft krönende byzantinische Festung und kommen zum Genuss einer herrlichen Aussicht. Außerdem haben wir das Glück und erblicken zwei der 200 Rehe, die heute die einzigen Bewohner der Burg sind.

Ein Auto ist hier schwer zu kriegen und so mieten wir uns ein Motorbike um uns die Zeit mit Insel erkunden zu vertreiben. Kommt mit auf unsere Reise :-).

Mit einer Fläche von ca. 480 km² ist Lemnos, oder auch Limnos genannt, die neuntgrößte Insel Griechenlands. Während die anderen beiden nordägäischen Inseln, Thasos und Samothraki, gebirgig und bewaldet sind, ist Lemnos hügelig und kahl. Im Sommer ist braun die vorherrschende Farbe. https://de.wikivoyage.org/wiki/Lemnos

Archeologikos Choros Kaveiriou ist bei einem Aufenthalt auf Limnos unbedingt zu besuchen. Das Kabirenheiligtum liegt nördlich von Hephaistia direkt am Meer. Das heutige Gelände besteht aus zwei Terrassen, auf denen Reste von Tempeln zu sehen sind. Es finden nach wie vor Ausgrabungen auf der geheimnisvollen Anlage statt, denn noch lange sind nicht alle Mysterien rund um die Kabiren gelüftet. Bekannt ist, dass es sich bei den Kabiren um Gottheiten gehandelt haben muss. Sie wurden von den Inselbewohnern in frühchristlicher Zeit als Göttinnen der Fruchtbarkeit und des Lebens verehrt. So fanden ausschließlich in der Nacht rituelle Handlungen statt.

Ein weiterer Mythos besagt, dass einst die Frauen von Limnos alle Männer der Insel töteten und als eine Art Amazonen-Stamm die Insel beherrschten. Als die Bevölkerung zurückging und keine Nachkommen mehr gezeugt werden konnten, holten sich die Frauen die Argonauten um den Helden Jason auf die Insel. Die kräftigen Seemänner wurden im Kabirenheiligtum von den limnischen Frauen in Empfang genommen. Daraufhin fanden mehrere Tage lang ausgedehnte Liebesspiele im Lusttempel der Kabiren statt und der Nachwuchs für die Insel wurde so gesichert, glaubt man der griechischen Mythologie.

Direkt am Kabirenheiligtum führt ein Weg hinunter zur zerklüfteten Küste. Hier befinden sich zwei Eingänge in eine Meereshöhle. Auf der linken Seite gelangt man über einen schmalen Spalt hinein. Das Wasser ist etwa knietief und man kann bis zu einem kleinen Steinstrand im Inneren der Höhle waten.

Strand- und Naturliebhaber werden von Limnos jedoch mindestens ebenso begeistert sein wie jene, die sich eher für Geschichte und Kultur interessieren. Erstere, weil sie viele Buchten ganz für sich allein haben können, aber auch tolle Bedingungen für Wind- und Kitesurfen vorfinden werden. Letztere, weil die Insel mit dem milden Klima von Gesteinsformationen vulkanischen Ursprungs, über einen versteinerten Wald, Thermalquellen und einer Lagune, die Flamingos und sonstige Zugvögel anzieht, bis zu Unterwasserhöhlen und Wasserfällen eine große Vielfalt an Naturerlebnissen zu bieten hat. https://de.wikivoyage.org/wiki/Lemnos

Im Winter führen die Salzseen von Limnos viel Wasser und reichern sich mit Nährstoffen an. Diese werden im Frühjahr von den Zugvögel benötigt, denn sie ziehen in den Lagunen ihre Jungen groß. Auch Flamingos kann man zu dieser Zeit sichten. Im Sommer sind die Seen ausgetrocknet und werden von den Einheimischen zur Salzgewinnung genutzt.

Ganz im Nordwesten bei Katalakko erreichen wir diese einzigartige Dünenlandschaft. Im Hinterland der Gomati- Bucht befindet sich zwischen zahlreichen Hügeln eine Talsenke. Hier sammelte sich über Jahrmillionen feinster Sand vom Meer an. Die Dünen verändern durch Wind und Wetter regelmäßig ihre Form und Höhe, von den Einheimischen „Pahies Ammoudies“ genannt. Die Anfahrt bis zum Aussichtspunkt vor den Dünen sollte man mit einem geländetauglichen Fahrzeug planen, da sich die Schotterpiste in einem sehr schlechten Zustand befindet. Es war auf jeden Fall eine Herausforderung für uns ;-).

Fahrt zu den Dünen

Unterwegs finden wir in der windgeschützten großen Bucht von Diapori eine urige Taverne und kehren ein.

Mittwochs pfeifft schon ordentlich der Meltemi, wir verlegen die Ausfahrten ins Inselinnere und besuchen Thanos und Platy.

Am Abend taucht die Sonne die Getreidefelder von Limnos in ein warmes Licht, der Wind beruhigt sich und wiegt die goldenen Ähren leicht. Sanfte Hügel schimmern im Hintergrund und eine geheimnisvolle Stimmung liegt in der Luft. Der richtige Zeitpunkt um sich nochmals auf den Motorroller zu schwingen, in die Berge zu fahren, um die dachlose Kirche zu besuchen.

Eine kurzweilige Wanderung führt zu einem der bedeutendsten Wallfahrtsorte der Insel. In einer natürlichen Höhle des Kakavos- Gebirges liegt die kleine Kapelle Kakaviotissa. Die Kulisse ist atemberaubend und ein Besuch der Höhlenkirche ein echtes Highlight auf Limnos. Das Heiligtum wurde 1416 gegründet und diente als eine Art Eremitage und Zuflucht für Mönche. Die Kapelle wurde so gebaut, dass sie vom Meer nicht einsehbar war und als Schutz vor Angreifern diente.

Limnos ist bekannt für seine exklusiven Weine, die vorrangig aus den Sorten Muskat von Alexandria und der Kalampaka- Traube gewonnen werden. Der Weinbau auf der Insel hat eine lange Tradition. Die Winzer vor Ort produzieren erstklassige limnische Weine, die in die ganze Welt exportiert werden. Auch wir konnten uns davon überzeugen und haben uns für die letzten Wochen noch, mit ein paar edlen Tropfen eingedeckt.

Die Welt ist wahrhaftig ein Dorf – an unserem letzten Abend in Myrina haben wir ganz besondere Gäste an Bord. Als in der COVID Zeit unsere Footloose in Jacksonville (Florida) an Land lag, haben die beiden dort ein Segelschiff besichtigt und durch Zufall unsere Footloose entdeckt und sich sofort verliebt. Es war für uns damals jedoch schwierig zu verkaufen, wir durften nicht einreisen um den Verkauf abzuwickeln. Die beiden haben aber mittlerweile ihr Traumboot, natürlich eine Bavaria Ocean 38, gefunden. Etwas anderes wäre für Resits Frau nicht infrage gekommen.

Mit einigen Flaschen Limnoswein verabschieden wir uns an Bord unserer Footloose, von unseren Freunden – wir sehen uns hoffentlich wieder :-)!


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